Vilshofen
03/2010: Vilshofen (Bayern)
Im Jahre 2003 wurde ein Pfarrer wg. sexueller Übergriffe zu Lasten einer damals minderjährigen Schülerin disziplinarisch belangt. Der Pfarrer hatte sich damals verpflichtet, sich bei der inzwischen erwachsenen Frau schriftlich zu entschuldigen. Nachdem die Frau keinen Entschuldigungsbrief erhalten und über mehrere Jahre lang nichts vom Ausgang des Disziplinarverfahrens gehört hatte, fragte sie im März 2010 im Münchener Landeskirchenamt nach. Nach Gesprächen mit ihr leitete die Kirchenleitung erneut Ermittlungen ein und suspendierte den Pfarrer vom Dienst. Die Überprüfung des früheren Disziplinarverfahrens habe erhebliche Mängel in der Durchführung erkennen lassen, so der Personalchef der Landeskirche, Oberkirchenrat Helmut Völkel. Zum Einen war die Schilderung des Opfers bei der landeskirchlichen Ansprechstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs nicht in vollem Umfang an die für Disziplinarverfahren zuständige Stelle im Landeskirchenamt weitergegeben worden. Des Weiteren wurde im Rahmen der disziplinarischen Ermittlungen der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, so dass erschwerende Umstände unberücksichtigt blieben. Schließlich wurde versäumt zu überprüfen, ob die ausgesprochenen Auflagen auch umgesetzt wurden. Im März 2010 wurde auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die allerdings im Mai 2010 die strafrechtliche Verjährung feststellte.
Im Juli 2011 entschied die Disziplinarkammer jedoch, das wieder aufgerollte Verfahren einzustellen, da die frühere Disziplinarentscheidung hinsichtlich aller Tatumstände bereits Rechtskraft erlangt hat und der Rechtsgrundsatz gilt, dass niemand zweimal für die gleiche Tat verurteilt werden darf. Oberkirchenrat Völker entschuldigte sich für die Verfahrensfehler der Kirchenleitung und informierte, dass man alle Verfahrensschritte überprüft und nun so verändert hätte, dass derartige Fehler sich nicht wiederholen können.
Die Suspendierung des Pfarrers ist mit der Entscheidung des Gerichts aufgehoben. Über den weiteren dienstlichen Einsatz wollte die Kirchenleitung nach Anhörung des Pfarrers und des zuständigen Dekans entscheiden.
(Quelle: SPIEGEL Online vom 22.03.10, Pressemitteilung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 18.07.11)
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2011-07-20 Passauer Neue Presse "Sexueller Missbrauch: Evangelischer Pfarrer bleibt ohne Strafe" |
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2010-04-22 SPIEGEL Missbrauchs-Aufklärung: Evangelische Kirche in Bayern gibt Versäumnisse zu - Auch die evangelische Kirche gerät wegen Missbrauchsfällen zunehmend unter Druck: Nun gab die bayerische Landeskirche Versäumnisse bei der Aufklärung eines Falles zu. Im Rheinland wurden weitere Vorwürfe bekannt. |
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